Besichtigungsrecht - Rechtsanwalt Dr. Übler

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Besichtigungsrechte des Vermieters  

Das Besichtigungsrecht des Vermieters leitet sich grundsätzlich aus dem Mietrecht selbst und insbesondere als Nebenpflicht aus § 535 Abs. 1 BGB ab. Dabei bestehen keine Zweifel, dass dem Vermieter ein Zutrittsrecht zusteht, wenn nutzungsbedingte Anlässe bestehen, zum Beispiel Gefahren drohen, Mängel behauptet werden oder vorliegen (z.B. LG Berlin, Urteil vom 15.10.2013, 63 S 626/12),

oder Reparaturen bzw. Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen oder müssen oder der vertragsgerechte Mietgebrauch überprüft werden soll (zum Beispiel AG Hamburg, NJW-RR 2007, 592); bei Vermüllung der Wohnung mit Gefahr der Ungezieferbildung AG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.03.2007, 33 C 1369-06/07). Ob eine berechtigte Tierhaltung vorliegt, kann vom Vermieter ebenfalls überprüft werden (AG Rheine, WuM 2003, 315). Ein weiteres Besichtigungsrecht ergibt sich aus einer bestehenden Verkaufsabsicht (BVerfG, NJW-RR 2004, 440; LG Frankfurt am Main, NZM 2002, 696), nicht aber um Lichtbilder für den Maler zu erstellen (LG Frankenthal, Urteil vom 30.09.2009, 2 S 218/09).

Im Rahmen der Überprüfung, ob und inwieweit eine Modernisierung oder Reparatur gegeben ist, kann der Mieter dies nicht ablehnen oder zurückweisen, weil eine Härte im Sinne des § 554 Abs. 2 S. 2 BGB vorliegen würde. Der Vermieter muss zunächst die Möglichkeit haben, im Rahmen der Ausübung seines Besichtigungsrechts den Umfang der Modernisierung festzulegen. Erst anschließend kann überhaupt geprüft oder entschieden werden, inwieweit eine Härte im Sinne dieser Vorschrift vorliegt.
Selbstverständlich hat der Vermieter die Pflicht, das Besichtigungsrecht schonend auszuüben. Wenn mehrere Anlässe oder Gründe vorliegen, die Wohnung zu besichtigen, dann sollten diese Gründe in einem einzigen Besichtigungstermin durchgeführt werden, soweit dies möglich ist und ggf. die notwendigen Fachleute hier zugezogen werden (AG Hamburg, Urteil vom 23.02.2006, 49 C 513/05).

In der Rechtsprechung umstritten ist, ob ein Besichtigungsrecht ohne Anlass in regelmäßigen Abständen besteht. Dies wird von Teilen der Rechtsprechung dem Grunde nach bejaht, da der Vermieter Prüfungs- und Untersuchungspflichten hat, denen er im Rahmen der allgemeinen Sorgfaltspflichten nachkommen muss (AG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2004, 4 C 365/04; AG Ansbach, Urteil vom 12.11.2013, 3 C 1238/13; AG Berlin-Schöneberg, GE 2007, 453; LG Berlin, MM 2004, 125; LG Stuttgart ZMR 1985, 273; AG Saarbrücken, ZMR 2005, 372; AG Münster, NZM 2001, 1030; AG Frankfurt am Main, NJW-RR 1999, 596; AG Lübeck, WuM 1993, 344). Als Gegenargument wird vorgebracht, dass der Mieter sowieso gem. § 536c BGB zur Anzeige jedes schlechten Zustands und sonstiger Gefahren für die Mietsache verpflichtet sei (AG Ibbenbühren, WuM 1998, 751; AG Bonn, NJW-RR 2006, 1387). Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Anzeigepflicht nur der Erhaltung der Rechte des Mieters dient, nicht aber auf die Sorgfaltspflichten des Vermieters Einfluss hat (Lüzenkirchen, NJW 2007, 2152 (2153)).
Andere Gerichte machen dies von einer wirksamen mietvertraglichen Vereinbarung abhängig (z.B. AG Coesfeld, Urteil vom 12.11.2008, 6 C 83/08). Das LG München II, Beschluss vom 11.07.2008, 12 S 1118/08, lässt eine Vereinbarung per AGB gar nicht zu. Meines Erachtens ist der Vermieter jedoch verpflichtet, die Wohnung in mangelfreiem Zustand zu erhalten, insbesondere Schäden vorbeugen, um den ungekürzten Anspruch auf die Miete zu erhalten. Deshalb muss es ihm auch im Hinblick auf sein Eigentumsrecht gem. § Art. 14 GG gestattet sein, die Wohnung in angemessenen zeitlichen Abständen auch ohne Anlass betreten zu können.

Das AG Münster (Urteil vom 18.12.2008) spricht ein Besichtigungsrecht alle 2 Jahre zu, damit der Vermieter selbständig entscheiden kann, wie er seine Immobilie schützen will.

Der Besichtigungswunsch muss grundsätzlich rechtzeitig angekündigt werden und darf nicht ungefragt erfolgen (AG Lüdenscheidt, WuM 1990, 489; AG Neuss, WuM 1989, 364; AG Neustadt, WuM 1979, 143). Die Ankündigung vorbehaltlich einer Empfangsvollmacht ist an alle Mieter zu richten. Eine besondere Form ist hierfür nicht erforderlich. Das Gesetz schreibt eine solche nicht vor.

Außer in Notfällen muss für einen Termin mindestens ein Zeitraum von 24 Stunden liegen (z.B. AG Köln, WuM 1986, 86). Im normalen Fall ist eine Frist von einer Woche völlig ausreichend, damit der Mieter sich auf den Besuch des Vermieters einstellen kann (z.B. LG Berlin, MM 2004, 125; AG Berlin-Schöneberg, GE 2004, 822). Es werden zwar auch andere Zeiträume, die sowohl kürzer als auch länger sein können, vertreten (2 Wochen: AG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2004, 4 C 365/04). Der Zeitraum von einer Woche scheint jedoch angemessen.

Der Termin selbst muss innerhalb der ortsüblichen Besuchszeiten liegen. In der Regel ist hier ein Zeitraum von 10-13 Uhr bzw. 15-18 Uhr, ausnahmsweise auch abends bis 20 Uhr angemessen. (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2012, 2-11 S 146/12; AG Berlin-Mitte, Urteil vom 29.03.2010, 16 C 59/09). Auch wenn der Termin auf Seiten des Termins mit Handwerkern koordiniert werden muss, sollten grundsätzlich zwei Termine im Ankündigungsschreiben angegeben werden. Da eine Rechtmäßigkeit des Besuchs des Vermieters von einer Interessenabwägung abhängt ist auszugehen von dem Grundsatz, dass hier ein Termin gefunden werden muss und insofern eine Terminabsprache erfolgen muss. Auf Mieterseite ist zu berücksichtigen, ob und inwieweit der Mieter seine Arbeitsstätte vorzeitig verlassen kann oder das Besichtigungsrecht anderweitig wahrgenommen werden kann. Nicht zutreffend ist jedoch darauf abzustellen, dass der Mieter seine Wohnung nur innerhalb seiner freien Arbeitszeit oder seines Urlaubs herzeigen muss. Ggf. muss dann ein Termin nach der Arbeit des Mieters vereinbart werden. Hierauf besteht von Seiten des Vermieters in diesen Fällen dann auch Anspruch. Wenn in solchen Fällen Überstunden-Tarife von Handwerkern anfallen, kann es geboten sein, den Mieter zu veranlassen, sich Urlaub zu nehmen (AG Berlin-Wedding, GE 1985, 155).
Das Recht auf Wohnugnsbesichtigung kann der Vermieter auch deligieren (Blank in Blank/Börstighans, Miete, 4. Auflage 2014, § 535 BGB Rdnr. 340).

Grundsätzlich hat der Mieter das Recht, bei der Durchführung des Besichtigungstermins den Vermieter durch seine Räume zu begleiten. Der Vermieter darf dabei eine oder mehrere benötigte Personen zur Besichtigung mitbringen oder einen geeigneten Vertreter bestimmen (AG Berlin-Schöneberg, GE 2004, 822 erlaubt nur eine Person). Zu den geeigneten Personen gehört ein Makler im Fall eines Verkaufs. Ein Hausverwalter ist grundsätzlich auch geeignet, es sei denn, sein Verhalten habe in der Vergangenheit zu Spannungen geführt, die der sachlichen und angemessenen Durchführung eines Besichtigungstermins entgegenstehen (AG Hamburg, WuM 1987, 379; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2013, 2/11 S 191/12). Der Vermieter kann auch andere geeignete Personen mitbringen, die dem Anlass gerecht werden. Dies gilt insbesondere für den Ehegatten des Vermieters (LG Frankfurt am Main, NZM 2002, 696).

Bei längerer Erkrankung oder längerer Abwesenheit muss der Mieter dem Vermieter ermöglichen, auch ohne Beisein des Mieters die Wohnung zu besichtigen (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.09.2008, 33 C 1753/08).

Der Mieter kann aber nicht verlangen, die Namen der teilnehmenden Personen genannt zu bekommen (LG Stuttgart, WuM 1991, 578; LG Trier, WuM 1993, 185).
Selbstverständlich muss der Mieter den Besuch von Handwerkern dulden, die Reparaturen oder Modernisierungsarbeiten durchführen.

Hinsichtlich des räumlichen und zeitlichen Umfangs der Besichtigung ist bei einer Wohnungsbesichtigung mit Kaufinteressenten regelmäßig ein Zeitraum von 30-45 Minuten als angemessen anzusehen (LG Frankfurt am Main, NZM 2002, 696). Andere Tätigkeiten müssen innerhalb der angemessenen Zeit beendet werden, wobei eine ausführliche Untersuchung des Zustands möglich sein muss. Dies orientiert sich jedoch immer am Zweck der Maßnahme. Dabei dürfen die entsprechenden Teile der Mietwohnung fotografisch auch festgehalten werden, soweit dies für den Zweck der Maßnahme, z.B. Reparatur, erforderlich ist (AG Hannover, ZMR 2001, 282; andere Ansicht: AG Frankfurt am Main, NJW-RR 1999, 596; AG Berlin-Schöneberg, GE 2004, 822).
Sofern der Mieter dies verlangt entspricht es dem Hausrecht des Mieters, dass dieser verlangen kann, Besucher müssen die Schuhe vor der Tür ausziehen und Pantoffeln anziehen (andere Ansicht: AG München, WuM 1994, 425; AG Berlin-Diergarten, GE 1990, 547).

Grundsätzlich hat bei Besuchsterminen der Mieter das Hausrecht. Das Gebot der Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB fordert nicht, dass der Mieter zu Mängeln der Mietsache gegenüber Kaufinteressenten sich zurückhält (OLG Celle, NJW-RR 1991, 781).

Dr. Heiko Übler

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